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Erinnerungskultur(en) – Kultur(en) der Erinnerung? Einige inhaltlich Anmerkungen.

Dem die Forschung begleitenden Seminar wurde die Trias Kultur – Erinnerung – Öffentlichkeit/öffentlicher Raum zugrunde gelegt: Wir Menschen leben in einer Kultur, deren Gestalt in gewisser Weise gegeben ist, deren Formen und Grenzen jedoch fluide sind, und die wir als handelnde Wesen immer wieder neu aneignen und neu gestalten. Wir beziehen uns dabei auf überlieferte Vorstellungen, auf maßgebliche Ereignisse in der Vergangenheit und auf Ideen von Zukunft, die im Miteinander immer wieder thematisiert und gedeutet werden müssen. Als Ort für dieses (streitende) Miteinander wird der öffentliche Raum angenommen, der ebenfalls präformiert ist und immer wieder der Neugestaltung unterliegt. Es geht also um Rezeption und Produktion von Erinnerungen und kulturellen Elementen.

Für Bildungswissenschafter_innen ist somit nicht nur die Kultur, in welcher erzogen und (sich) gebildet wird, als Bezugsrahmen interessant, vielmehr müssen auch Erinnerungen und historische Überlieferungen in bildungswissenschaftliche Überlegungen einbezogen werden. Erzieherische und bildende Prozesse zielen in der Regel darauf, die jüngere Generation oder noch nicht Wissende in einen „Zustand“ zu versetzen, an der gesellschaftlichen Ausgestaltung der Gegenwart und Zukunft teilzuhaben. Nimmt man dies als gegeben, so ist die Auseinandersetzung mit Überlieferungen aller Art als Rahmen für und Gegenstand von pädagogischen Prozessen notwendig. Die Spannweite anschließender Frageperspektiven ist dabei beachtlich: Was genau ist „Erinnerung“? Wer kann/darf/muss was erinnern? Wie kann zu Erinnerung aufgefordert werden? Welche Erinnerungen sollten wann und warum in erzieherischen und bildende Prozessen einen besonderen Stellenwert einnehmen? Welche Voraussetzungen hat eine Teilhabe an öffentlicher Auseinandersetzung mit Erinnerung(en) und Tradition(en)?

Die Auffassung von Kultur als Überliefertem, als einer spezifischen Form des Erinnerns, wirft noch weitere Fragen auf: Ist (und inwiefern) ist unser kulturelles Miteinander an Traditionen und gegenständliche Überlieferungen gebunden? Wie gestalten sich Prozesse des Überlieferns? Wer legt wie Bedingungen für Erhalt oder Verwerfen von Gegenständen oder Erinnerungen an Ereignisse fest? Wer „schreibt“ Geschichte oder Kultur? Wie gestaltet der öffentliche Raum unsere Kultur und unsere Erinnerung mit?

Dr. Sabine Krause, MA
Institut für Bildungswissenschaft
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Allgemeine Erziehungswissenschaft
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